Deutsches Gesundheitssystem ist besser als sein Ruf (Taunus Zeitung)

Veröffentlicht am 15.10.2010 in Presse

Dr. Thomas Spies ist Arzt und Oppositionspolitiker in Personalunion. Eigentlich sind das gleich zwei gute Gründe, um auf das deutsche Gesundheitswesen einzuschlagen.

Aus Anlass seines Besuchs bei den Königsteiner Genossen riet der SPD-Landtagsabgeordnete dieser Tage – trotz berechtigter Kritik – jedoch auch zu ein wenig mehr Gelassenheit beim Thema Gesundheit auf. Schließlich gehöre das System hierzulande nach wie vor zu den besten der Welt. «Gehen sie mal in Italien mit Rückenschmerzen zum Arzt. Dort geht’s teilweise zu wie in einem Entwicklungsland», plauderte der Mediziner aus dem Arztkoffer.

Die regelmäßige Kostenexplosion im Gesundheitsystem nannte Spies eine Legende: «Eigentlich kostet uns die Gesundheit seit Jahrzehnten das Gleiche. Lediglich die Wiedervereinigung führte zu einem Kostenanstieg von 5,9 Prozent.»

Auch die Vorstellung, dass der Fortschritt der Technologie für Mehrkosten sorge, ist laut Spies ein Irrtum: «Schauen sie beispielsweise, wie heutzutage Bypässe gelegt werden. Oder wie die Kosten in ein paar Jahren sinken, wenn es eine Impfung gegen Brustkrebs gibt.»

Ärztemangel

Sorge bereitet Spies allerdings der steigende Ärztemangel auf dem Land. 60 Prozent aller Medizin-Absolventen seien mittlerweile Frauen. «Den wenigsten davon ist daran gelegen, eine Primärarztpraxis aufzumachen. Sie zieht es eher in die Städte.» Als Vorbildmodell könnte Brandenburg dienen. Dort, so Spies, verpflichte ein Stipendium junge Mediziner zu fünf Jahren Arbeit in ihrem Landkreis.

Im Vergleich zu Schweden gäbe es mittlerweile gar viermal weniger Ärzte auf dem Land. Und dass, obwohl die Menschen im skandinavischen Land durchschnittlich nur neunmal im Jahr zum Arzt gingen, in Deutschland 18-mal. Spies: «Deutsche Ärzte haben sich zudem daran gewöhnt, ihre Patienten möglichst oft kommen zu lassen. Eine abstruse Vorgehensweise und sicher eine der Herausforderungen im deutschen Gesundheitssystem.»

Geladen zur Diskussionsveranstaltung mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Gesundheits-AG hatten die Königsteiner Sozialdemokraten. «Dr. Thomas Spies weiß, wovon er spricht. Denn auch als Politiker hat er den Arztkittel nicht an den Nagel gehängt und geht regelmäßig als Notarzt in den Einsatz», skizzierte SPD-Chefin Gabriele Klempert den Sachverstand des Referenten.

Etwas mehr Struktur hätte dem Vortrag allerdings gut getan. Vielleicht wäre dann das eine oder andere Missverständnis zwischen den Zuhörern und dem Arzt ausgeblieben. (bki)

 

Dabei sein

Instagram   Facebook 

Dafür trete ich ein.

Arbeitsgemeinschaft Selbständige

Jusos Hochtaunus